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Spektrum Shake-speare

17 Berichte Auch als Außenstehender kann man an diesen und anderen «Verfäl- schungen» Anstoß nehmen; vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Autor- schaftsdiskussion wäre durchaus auch korrekte Information zu wünschen gewesen. Man sollte sich aber von Erwartungen nach Dokumentation lösen und den Film als Kunstprodukt des Regisseurs nehmen, der seine Entschei- dung für Edward de Vere getroffen hat; offensichtlich waren ihm die Fakten im Kern plausibel, dann aber hat er eine eigene Geschichte, eine Variation über ein Thema geschrieben. Der Konflikt des Adligen, der entgegen bestehenden Zwängen der eige- nen Veranlagung folgt, dem ein Leben in der Politik nicht gelingt und der sein Vermögen durchbringt, der schließlich zerrissen zwischen Ungestüm und Zartheit, Loyalität und Freigeistigkeit, Reflexion und Spontaneität strauchelt, ist authentisch und weitgehend ohne Pathos dargestellt. Szenen mit großer Tiefe bringen einem den Dichter nahe: Mit Gespanntheit und verinnerlichter Freude verfolgt er die Darstellungen seiner Werke auf der Bühne, still erlebt er die tiefste Betroffenheit über das Fehlschlagen seiner politischen Impulse und der ungewollten Eingriffe in das Leben seiner Freunde. Es mag befremden, wenn er seiner Frau von den «Stimmen» be- richtet, die ihn zum Schreiben drängen und denen er folgen muss, um Geis- tesruhe zu erlangen – vielleicht keine ganz passende Benennung künstleri- scher Impulse, aber immerhin einVersuch, den Imaginationen und Inspirati- onendesgenialenDichtersnahezukommen,derHexenundElementarwesen, gewalttätige Herrscher und Zaudernde in seine Werke bringt und sich tief in ihr Seelenleben einfühlt. Die Psychologie der Shakespeare’schen Charak- tere ist im Film anwesend – bei der Hauptperson und dem politischen Ge- genspieler Robert Cecil, der am Ende Dichter nur als gegenseitige Kontra- henten erfassen kann und daher ungewollt die großen Werke rettet; ferner beim Autor Ben Jonson, halb Freund und halb Rivale de Veres, und bei der liebenden und zürnenden Königin Elisabeth. Widerspruch, Ignoranz, sachliche und unsachliche Kritik tauchen nun als Reaktionen in der Öffentlichkeit auf – man sollte das Kind aber nicht mit dem Bade ausschütten. Der Film berührt die Tiefe des Shakespeare’schen Werkes und übertrifft bei weitem «Shakespeare in love». Es wäre zu wün- schen, dass sich die reflexive Stimmung des Films auf die Diskussion um die Autorschaft übertrüge. Wer sich mit dieser Frage beschäftigen will (was durchaus lohnend ist), sei auf die Websites der Deutschen Shakespeare Ge-

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